24.11.09

68.

Heute morgen habe ich mit Schrecken festgestellt, dass auch das ZSL im Tenor der übrigen "Behindertenorganisationen" mitspielt und das BSV gänzlich runtermacht. Ich möchte betonen, dass die Kampagne keineswegs so "blöd" ist , wie das ZSL seine eigene Antikampagne - zu Recht - nennt und bitte Herr Wehrli, was unterscheidet dich von anderen Bundesbeamten, die ja alle "blöd" sind?

Ich möchte an meinem Beispiel darstellen, wie die Kampagne durchaus Sinn macht: Seit Anlauf der Plakatkampagne sind zahlreiche Leute zu mir gekommen und haben mich gefragt, was ich von dieser Plakatkampagne halte, ob denn "Behinderte" tatsächlich "uns nur auf der Tasche liegen". Dies konnte ich bestätigen und musste aber sogleich den zweiten Teil des Spruchs hinzufügen: Solange die Gesellschaft die Fähigkeiten zahlreicher Behinderter nicht ausnutzt, solange sind wir dazu verdammt, ein Schmarotzerdasein zu fristen. Dank der Kampagne kommt eine sinnvolle Diskussion über Behinderte zustande. Zwar findet die Diskussion noch nicht öffentlich statt, aber der Tag wird kommen ...stande. Zwar findet die Diskussion noch nicht öffentlich statt, aber der Tag wird kommen ...

5 Kommentare:

Anonymous Rachel sagte...

Lieber Gisep

In deinem Blog vom 10.2.09 („51. Eine tragische Komödie“) hast Du geschrieben: „wenn ich gläubig wäre, würde ich mich fragen, mit welcher Sünde ich eine solche entwürdigende Episode verdient hätte“.

Nun, ich bin gläubig und habe auch FA, glaube aber nicht, dass wir von Gott gestraft werden.

Wenn du mehr über den Glauben wissen möchtest, empfehle ich Dir www.erf.de. Ich habe vor 25 Jahren zu Jesus Christus gefunden und erfahre seither täglich Gottes Hilfe.

Liebe Grüsse

Rachel


Heberäer 2,15: ... und alle diejenigen befreite, welche durch Todesfurcht ihr ganzes Leben hindurch in Knechtschaft gehalten wurden.

10/12/09 12:01  
Anonymous Gisep sagte...

Liebe Rachel
Ich danke dir für deine Reaktion. Ich möchte dir versichern, dass ich gar nichts gegen den Glauben habe. Ich meine, dass an etwas zu glauben sehr schön und hilfsreich sein kann. Darum möchte ich dir dazu gratulieren und wünsche dir weiterhin alles Gute. Ich persönlich kann an die Kirche oder an das Christentum nicht glauben: Ich glaube weder an Könige, Kaiser, oder sonstige Regenten; weder an Religionen noch an Philosophien; weder an Heilige, Hexen, oder andere Autoritäten; weder an Sänger, Schriftsteller noch an andere Propheten; ich glaube nur… an mich… aber das ist wohl meine private Sache, mein privates Problem, wenn du so willst. Auf jedem Fall habe ich grossen Respekt vor Menschen, die versuchen biblische Grundsätze in den Alltag umzusetzen.
Liebe Grüsse
Gisep

P.S: Noch eine Kleinigkeit, ich habe leider deinen zugefügten Bibelspruch nicht verstanden: Könntest du mir erklären was er bedeutet?

19/12/09 17:55  
Anonymous Anonym sagte...

Auf diese Erklärung (Rachels Bibelspruch) bin ich wirklich gespannt ...

20/12/09 11:33  
Anonymous Rachel sagte...

Lieber Gisep

Ich habe diese Bibelstelle gewählt, weil sie für mich am klarsten ausdrückt, wovon mich Jesus eigentlich befreit hat. Um Dir das zu erklären, muss ich allerdings ein wenig ausholen:

Mit 7 Jahren wurde bei mir, nachdem meine Mutter Störungen des Bewegungsapparates festgestellt hatte, die Krankheit FA diagnostiziert. Ich musste eine Woche im Kinderspital Zürich zur Abklärung verbringen. Als mich meine Mutter einmal besuchen kam, sagte eine Assistenzärztin in meiner Gegenwart, sie hätten herausgefunden, dass ich an einer unheilbaren Krankheit leide, die mich entweder in den Rollstuhl bringen oder mit 30-40 Jahren zum Tode führen würde. Meine Mutter war natürlich völlig schockiert und wollte mit dem Professor sprechen, welcher dann alles wieder abstritt. So wurde in den 60er-Jahren mit den Patienten umgegangen! Mit 15 war es dann tatsächlich soweit, dass ich einen Rollstuhl brauchte.

Ich war während meiner ganzen Kindheit von diesem Erlebnis derart traumatisiert, dass ich wie unter einem Fluch dieser Todesbedrohung stand. Irgendwie existierte ich gar nicht richtig. Für mich war ich schon tot, bevor ich überhaupt gelebt hatte. Diese Gefühle verdrängte ich natürlich völlig und konnte sie erst viel später für mich richtig einordnen.

Ich erlebte immer wieder, welchen Stellenwert behinderte Menschen in der Gesellschaft haben. Trotzdem musste ich mich den Zwängen unterwerfen, mithalten zu können (was ich selten und nur mit viel Mühe schaffte), bis ich es selber erleben durfte: „... und alle diejenigen befreite, welche durch Todesfurcht ihr ganzes Leben hindurch in Knechtschaft gehalten wurden“ (Hebräer 2,15).

In der Bibel erstaunen mich Sätze wie „Herr lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“(Psalm 90,12) oder „Es ist besser für dich, dass du lahm oder verstümmelt in das Leben eingehest, als dass du zwei Hände oder zwei Füße habest und in das ewige Feuer geworfen werdest“ (Matthäus 18,8b).

Ich hoffe, dass ich mich verständlich ausgedrückt habe. Ich weiss, dass nicht alle ihre Behinderung so sehen müssen. Laut Bibel sind alle Menschen mindestens an ihrer Seele krank.

Liebe Grüsse

Rachel

12/1/10 20:11  
Anonymous Ronja sagte...

Liebe Rachel,

danke fuer Deine Offenheit und Deinen Mut, diese Zeilen zu schreiben.

An manchen Stellen habe ich mich wiedererkannt, obwohl ich eine relativ gleichbleibende und keine fortschreitende Behinderung habe. Dieses Gefuehl, als lebende Tote durch das Leben zu gehen, ist mir nur allzu gut bekannt, auch wenn es andere Gruende dafuer gab. Es hat auch bei mir einige Zeit gedauert, bis ich verstanden habe, was wirklich los ist.

Es hat sich geändert. Aber wenn dieses Gefuehl zurueckkommt, oder wenn ich mich allzu sehr vom Alltag gefangen nehmen lasse, dann hilft es, mir zu ueberlegen: Was wuerde ich machen, wenn ich bald sterben wuerde (Wir koennen ja nicht wissen, wann es so weit ist)? Wenn ich nur noch eine kurze Zeit meines Lebens zur Verfuegung hätte, was wuerde ich unbedingt vorher noch erledigen wollen? Welches Erbe möchte ich hinterlassen? Dann werden plötzlich ganz andere Dinge wichtig und vieles wird möglich, was davor undenkbar erschien. Wir gehen leider viel zu oft davon aus, dass wir alle Zeit der Welt haben, um das zu tun, was uns wirklich wichtig ist, bis es eines Tages zu spät ist. Ein solches Gedankenspiel ist ganz bestimmt nicht dasselbe, wie mit einer stark progressiven Behinderung zu leben. Aber im Rahmen dieser Ueberlegungen kann sogar die Todesfurcht selbst etwas Befreiendes haben.

Sei ganz herzlich gegruesst,
Ronja

15/1/10 18:40  

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